„Friede sei ihr erst Geläut“
[Zeitungsartikel von Lehrer Arthur Amrhein v. 19.09.1965 für die Main Post]
Bei zahlreicher Beteiligung der Bewohner von Stammheim weihte Prälat Kötzner unter Assistenz von Pfarrer Hermann Glückler, Holzkirchen, Pfarrer Wehner, Fahr und Pater Richard, St. Ludwig, die drei neugegossenen Kirchenglocken ein. Ortspfarrer Ludwig Glückler verlas als Lektor den Zermonienablauf. Bürgermeister Richard Weißenseel überreichte ein Taufgeschenk. Der gemischte Chor und die örtliche Blaskapelle sorgten für die musikalische Ausgestaltung der Feierlichkeiten.
Der Platz unmittelbar vor dem Gotteshaus war schon lange vor Beginn der Glockenweihe von Einheimischen und Fremden umsäumt. Auf einem mit Tannengrün geputzten Gerüst hingen die drei neugegossenen, bronzenen Glocken aus der Glockengießerei Schilling in Heidelberg. Die 600 kg schwere as-Glocke trägt das Bildnis des Hl. Josef, und auf dem Helm steht geschrieben: „Hilf uns St. Josef, dass wir ohne Schaden das ewige Leben erlangen und sei auf dem Wege dorthin immer unser Schutz“.
Um 200 kg leichter ist die Marienglocke, die auf b abgestimmt und außer dem Bildnis der Gottesmutter das bekannte Gebet „Maria mit dem Kinde lieb, uns allen deinen Segen gib“, als lateinische Aufschrift trägt.
Nur wenig leichter ist die Schutzengelglocke, mit dem aufgegossenen Psalm „Gott hat seinen Engeln deinethalb befohlen, sie mögen wachen über dich, auf allen deinen Wegen“.
Ortspfarrer Ludwig Glückler, der sich während der Feierlichkeiten als Lektor betätigte, bezeichnete die Glockenweihe als einen freudenreichen Tag, auf den die Bevölkerung sehnsüchtig gewartet habe. Aus seinem Rückblick ging hervor, dass in beiden Weltkriegen Glocken aus Stammheim abgeholt und eingeschmolzen wurden. Nur dem plötzlichen Ende des letzten Krieges sei es zu verdanken, dass die über 800 kg schwere Bartholomäusglocke aus dem Jahre 1514, die schon zum Einschmelzen in Hamburg gewesen war, nach der Nazizeit wieder nach Stammheim zurückkam und somit herübergerettet werden konnte.
Pfarrer Glückler wünschte, dass das neue Geläut niemand überhören möge, begleitet es doch den Menschen auf seinem Lebenswege.
Es läutet bei der Taufe eines Neugeborenen, dem Brautpaar auf dem Weg zum Traualtar und dem Wanderer auf seinem letzten Wege in den Friedhof.
Sein Dank galt allen Stammheimern für ihre Gebefreudigkeit. Über die Hälfte der rund 20.000 DM Unkosten für Glocken, Glockenstuhl und 4 Elektromotoren sei durch Spenden bereits beglichen.
Nach einer herzlichen Begrüßung des Prälaten Kötzner aus Würzburg, übergab ihm Pfarrer Glückler das Wort, und bat ihn die Weihe vorzunehmen.
Prälat und Domkapitular Kötzner beglückwünschte zunächst die Gemeinde, auch im Namen des auf dem Vatikanischen Konzil weilenden Bischofs Josef, zu ihrer bedeutungsvollen Anschaffung.
Schon allein der Feierklang der Glocken erfreue des Menschen Ohr; ihr Ton sei aber darüber hinaus eine rufende Stimme Gottes, welche die Gemeinde ermahnt, ein christliches Leben zu führen. Die noch im Turm hängende Bartholomäusglocke bedeute ein Anruf an alle, sich ständig apostolisch einzusetzen. Die Josefsglocke rufe besonders die Männer an ihren verschiedenen Arbeitsstellen an und erinnere, dass St. Josef in der letzten Stunde beisteht. Eine Marienglocke befinde sich in fast allen Geläuten der katholischen Welt; sie soll die Gläubigen an den täglich dreimal zu betenden Angelus erinnern. Seltener sei dagegen eine Schutzengelglocke anzutreffen; sie soll uns erinnern, dass Gott jedem Menschen einen Schutzengel an die Seite gegeben hat, der ihn durch das Leben geleitet.
Nach den jeweiligen kirchlichen Gebeten, die in der neuen Liturgie ausnehmlich in deutscher Sprache gehalten sind, vollzog Prälat Kötzner den Weiheakt. Die Glocken wurden mit Weihwasser besprengt, mit Chrisam, dem hl. Öle gesalbt und mit Weihrauch beräuchert. Abschließend wurden sie noch mit einem Hartgummihammer angeschlagen, und man vernahm zum ersten Male den Klang der geweihten Glocken.
Nach der Weihezeremonie erörterte 1. Bürgermeister Richard Weißenseel die Bedeutung eines klangkräftigen Geläutes. Die beiden herkömmlichen Glocken seien bei ungünstiger Witterung wegen der exponierten Lage des Gotteshauses, schon in der Dorfmitte nicht mehr hörbar gewesen.
Der Ortsvorstand bedankte sich im Namen der politischen Gemeinde für den lobenswerten Einsatz der Kirchenverwaltung. Insbesondere Herrn Pfarrer Glückler schrieb er die Initiative zu, dass auch die Kosten des eisernen Glockenstuhles nicht zu Lasten der finanzschwachen Gemeinde ging. Er
beglückwünschte alle Einwohner zu dieser Errungenschaft und gab der Hoffnung Ausdruck, dass die Glocken mit Gottes Willen viele glücke Feste einläuten mögen.
Im Namen der Gemeinde überreichte er Herrn Pfarrer Glückler einen Barscheck als Taufgeschenk für die drei Glocken.
Mit einer kurzen Festandacht klang die Glockenweihe aus.